Der Glaube an Gut und Böse

Seit langer Zeit hoffe ich nicht mehr auf positive Veränderungen, die durch Revolutionen bewirkt werden könnten. Ich habe überhaupt kaum noch Hoffnungen, was die Zukunft der Menschheit angeht. Ich frage mich, ob die Apokalypse nicht schon morgen anbricht… Die Raserei, in der die Menschen sich gegenseitig abschlachten, ist vielleicht ein Anzeichen für eine in kurzer Zeit bevorstehende kollektive Selbstvernichtung … All das, was sich gegenwärtig abspielt, hat übrigens Johannes in der Apokalypse sehr klar vorausgesagt. Die Ideologien, so unterschiedlich sie sein mögen, setzen alle unterschwellig die selbstmörderischen Impulse in uns frei. Man denkt – bewußt – ‘Paradies’, unbewußt aber installiert man ‘die Hölle’ auf Erden…

Ich glaube an das Böse, an die Hölle auf Erden. Allerdings – wenn man an das Böse glaubt, muß man zwangsläufig auch an das Gute glauben. Rundheraus: Ich hege kaum noch Hoffnung, daß der Mensch aus eigener Kraft zur Umkehr fähig ist – ohne Hilfe von jemandem, der Gott, der Jesus Christus heißen könnte. Nein, ich kann nicht sagen, woran ich glaube oder worauf ich hoffe: Die Geschichte ist ohne das Dämonische nicht zu begreifen. Doch wenn es das Dämonische gibt, könnte das uns auf den Gedanken bringen, daß auch das Göttliche, daß Gott tatsächlich existiert. Dieser Gott ist es, an den ich glauben möchte. Von den Menschen kann man nichts mehr erwarten. Der Mensch, auf sich gestellt, geht zweifellos seinem Verderben entgegen. Das ist es, woran ich glaube und was ich befürchte.

– Dramatiker und Dichter Eugène lonesco