Bild: Ilja Jefimowitsch Repin (1844–1930), Job and his friends
Die Einleitung ist vielen bekannt. Hiob, der zu seiner Zeit reichste und angesehenste Mann im Nahen Osten, verliert innerhalb weniger Tage alles bis auf sein eigenes Leben – 7000 Schafe, 3000 Kamele, 500 Rindergespanne, 500 Eselinnen. Mit ihnen auch all die Knechte, die das Vieh hüteten. Auch seine Kinder sterben, sieben Söhne und drei Töchter. Die erste Reaktion von Hiob ist vorbildlich: »Nackt bin ich aus dem Leib meiner Mutter gekommen, nackt gehe ich wieder dahin. Jahwe hat gegeben und hat es wieder genommen. Gelobt sei der Name Jahwes.« (1:21)
Anschließend wird Hiob noch krank und bekommt „Geschwüre von Kopf bis Fuß“ (2:7), „nagende Schmerzen“ (30:17). Sein „Inneres ist aufgewühlt“, seine „Haut ist schwarz und löst sich ab“ und die „Knochen glühen von Fieber“ (30:27+30). Sein Ansehen ist dahin, er wird verspottet. (30:1+9) Und seine Frau redet „dummes Zeug“ (2:10), indem sie ihrem Mann rät, er solle sich von Gott lossagen und sterben. Wieder reagiert Hiob vorbildlich: »Das Gute nehmen wir von Gott an, sollten wir da nicht auch das Böse annehmen?« (2:10)
Es kommen drei Freunde von Hiob, die es gut meinen und zunächst auch gut machen. Sie trauern neben ihm und warten schweigend sieben Tage lang, bis Hiob zu sprechen beginnt.
Als Hiob klagt, versuchen seine Freunde ihm zu erklären: Gott handelt nur gerecht an dir und du leidest, weil du gesündigt und deshalb all dieses Leiden verdient hast. (4:8; 5:17; 8:6; 11:6.13; 15:5; 18:21; 20:29; 22:4ff.) Die drei reden insgesamt 9 Kapitel lang und bis zum Ende des Buches wissen sie nicht, dass sie falsch liegen. Gott urteilt schließlich selbst und offenbart Elifas: „Ich bin zornig über dich und deine beiden Freunde geworden, denn ihr habt nichts Verlässliches über mich gesagt wie mein Diener Hiob.“ (42:7)
Schon zu Beginn spricht Gott über Hiob äußerst positiv und sagt zum Satan: „Hast du auf meinen Diener Hiob geachtet? Auf der Erde gibt es keinen zweiten wie ihn. Er ist mir aufrichtig und vollständig ergeben. Er fürchtet Gott und meidet das Böse.“ (1:8) Hiob war also der Gerechteste von allen, auch wenn er nicht sündlos war. Wenn Hiob also „zu Recht“ gelitten hätte, dann hätten alle anderen Menschen auch „zu Recht“ solches erleiden müssen, mehr noch als er.
Was aber war der Grund, dass Hiob so leiden musste, wenn nicht Gericht und Strafe?
Satan wettet gegen Gott, dass Hiob in seiner Leiderfahrung seine Gottesfurcht aufgibt. Die Wette verliert er, Hiob bleibt Gott treu. Doch bis zum Ende erfahren Hiob und seine Freunde nichts von dem anfänglichen Gespräch zwischen Gott und Satan. Wichtig bleibt nur Hiobs Gottesbeziehung, Satans Anteil an der Geschichte ist nebensächlich.
Gott handelt und wirkt souverän. Alles, auch das Böse, wirkt Gutes an denen, die Gott lieben. (Röm 8,28) Gott hat Satans Wette gebraucht, Gutes zu wirken.
Schlüssel zum Verständnis von Hiob ist zum einen Gottes Selbstoffenbarung ab Kapitel 38, zum anderen aber auch die Rede von Elihu, dem vierten Freund. Gott sendet oft Boten vor sich her – Propheten, Prediger. Anders als die ersten drei Freunde wird Elihu von Gott nicht getadelt und was er sagt, deckt sich ungefähr mit dem, was Gott am Ende selbst offenbart.
Gott ist Gott und der Mensch ist nur ein Mensch. Gott ist der Schöpfer und weiß alles, der Mensch weiß gar nichts und kann Gott nicht belehren, nicht einmal antworten. (38:2) Um den Menschen an seine Position zu erinnern, lässt Gott manchmal Leiden und Schmerz zu. Es sind Warnungen, um „den Hochmut auszutreiben vom Mann“. (33:17)
In seiner Klage redet Hiob an manchen Stellen unbedacht. Schließlich unterwirft er sich: „Ja, ich habe geredet, was ich nicht verstand. Es war zu wunderbar für mich, ich begriff das alles nicht.“ (42:3) Hiob hat Demut gelernt, blindes Vertrauen und völlige Hingabe an Gott, ungeachtet der äußeren Umstände. Hiobs Glaube an Gott hat nicht gelitten. Er ist im Glauben gewachsen.
Wann immer Gott durch Leiden zu einem Menschen redet, hat der Mensch die Wahl. Er kann entweder sich zum Bösen wenden, Gott anklagen: „Wie konnte Gott das zulassen?“ Oder der Mensch unterwirft sich Gott und vertraut ihm, indem er sagt und betet: „Ich trage es, ich will ja nichts Böses tun. Zeig du mir, was ich nicht sehe! Habe ich Unrecht getan, ich tu es nicht wieder.“ (34:31f.; vgl. Ps 139, 23f.; Micha 7:9)
Ausharren im Glauben hat seine Belohnung, im Himmel und oft schon hier auf Erden. Hiob wurde schon zu seinen Lebzeiten belohnt. Gott „gab ihm doppelt so viel, wie er gehabt hatte“. (42:10; vgl. Jak 5:11) Aber die größte Belohnung wartet noch auf uns: „Wie glücklich ist der, der die Erprobung standhaft erträgt! Denn nachdem er sich so bewährt hat, wird er den Ehrenkranz des Lebens erhalten, den Gott denen versprochen hat, die ihn lieben.“ (Jak 1:12)