Der Brief des Jakobus – eine Auslegung

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Nach kirchlicher Überlieferung ist der Brief von Jakobus, dem Halbbruder des Herrn Jesus Christus, geschrieben worden. Weil die Heidenmission und das Apostelkonzil im Jahr 48/49 n.Chr. darin nicht erwähnt werden, geht man von einem früheren Datum aus. Wahrscheinlich kannte Jakobus die Paulus-Briefe (inkl. Galater, 48 n.Chr.) noch nicht. Im Jahr 62 n.Chr. ist Jakobus hingerichtet worden.

Adressiert ist der Brief an verschiedene Gemeinden mit vorwiegend Judenchristen, die sich als das „wahre Israel“ verstanden und deshalb mit „zwölf Stämme“ angeredet werden. (1:1) Aus dem Inhalt des Briefes lässt sich die Situation in den Gemeinden erschließen. Es gab eine Kluft zwischen Arm und Reich, wobei die Reichen geehrt und die Armen verachtet wurden – ein Verstoß gegen das Höchste Gebot der Liebe. (2:8) Hinzu kamen Machtkämpfe um die Position des Leiters bzw. Lehrers. (3:1)

Solche „Anfechtungen“ (Prüfungen, Versuchungen) sieht Jakobus als Chance, im Glauben zu wachsen. (1:2-4.12) Dabei sind die äußeren Umstände von Gott gegeben, die Verführung zur Sünde aber geschieht durch die eigene Begierde. (1:14) Gott führt den Menschen und prüft ihn (vgl. 1. Mo 22:1; 5. Mo 8:2), aber nur innerhalb erträglicher Grenzen (vgl. Mat 6:13; 1. Kor 10:13). Weil Gott nur gut ist, kommt von ihm nur Gutes und auch die Umstände dienen uns zum Guten. (vgl. Röm 8:28)

Von Jakobus angesprochene Sünden sind die Zungensünden, Lieblosigkeit und Ehrsucht. Die Sünden richten sich gegen Gott. (2:5; 2:11; 3:9; 4:4) Wer in solchen Sünden lebt, dessen Glaube ist wertlos (1:26) bzw. tot. (2:17.26) Was der Mensch braucht, ist die Gnade Gottes (4:6) und die Wiedergeburt durch das Wort Gottes. (1:18.21) Auf dieses Wort soll der Mensch hören (1:19), aber auch danach leben. (1:22) Glaube ohne entsprechende Werke ist Selbstbetrug. (1:26) Glaube und Werke sind eine Einheit. Wie Paulus vergleicht Jakobus die Werke mit Früchten eines Baums oder Weinstocks. (3:12)

Solche Früchte kann nur Gott schenken. Jakobus ruft deshalb zur Buße auf. (4:4-10; 5:1) Auch die Weisheit eines christlichen Lehrers in einer Gemeinde kommt von Gott. Um solche Weisheit kann und soll man beten (1:5), aber nicht in böser Absicht wie z.B. Selbstsucht und Ehrsucht. (3:14; 4:3) Wer nicht Gottes Ehre, sondern die eigene Ehre sucht, der ist ein Feind Gottes. (4:4)

Angesichts der Streits und Konflikte zwischen den Gemeindemitgliedern lehrt Jakobus besonders die Weisheit „von oben“ als Lösungsweg und definiert sie als demütig, friedfertig und barmherzig. (3:17) Die Ehrsüchtigen und Hochmütigen warnt er eindringlich, andere nicht zu verleumden oder zu richten. Die Reichen warnt er vor Selbstsicherheit, denn allein Gott erhält das Leben. (4:11-17)

Den Armen und Unterdrückten ist es ein Trost, dass Gott wiederkommen und richten wird. Sie sind dazu aufgerufen, demütig, geduldig und betend auf Gott zu warten und nicht eigenmächtig gegen andere zu reden oder zu handeln. (5:1-11.13) Sie sollen „füreinander“ leben. Wer krank ist, soll aus eigener Entscheidung heraus für sich beten lassen und seine Sünden bekennen. (5:14-20)

Jakobus lehrt die Abhängigkeit von Gott in allen Dingen: Reichtum, Gesundheit, Weisheit, das Leben. Er legt die Sünde offen und ruft zu Demut und Buße auf. Ein Leben in Sünde ist ein toter und kein rettender Glaube, der gute Werke vollbringt.

Nur der tätige Glaube erlangt das ewige Leben.