1. Rhetorik ist die Kunst, Unverständliches so feierlich vortragen zu können, dass jeder einzelne Zuhörer meint, der Nachbar verstehe alles, bloß er selber sei zu dumm, und damit dies die anderen nicht merken, tue er am besten so, als habe auch er alles verstanden.
2. Bekanntlich gibt es bei uns verschiedene Stufen von Reden. Die unterste Stufe ist dann erreicht, wenn der Redner sich selber versteht und die Zuhörer ihn, die gehobene Stufe dann, wenn der Redner sich versteht, aber die Zuhörer ihn nicht, die höhere, wenn der Redner sich selber nicht versteht und die Zuhörer ihn auch nicht verstehen, und die höchste, wenn der Redner zwar sich selber nicht versteht, aber die Zuhörer glauben, ihn verstanden zu haben. Ich gebe mich mit der untersten Stufe zufrieden.
3. Wer sich klar ausdrückt, riskiert nicht nur, als ungebildet zu gelten, sondern auch noch kritisiert zu werden, während die unklare Rede sich dadurch vor Kritik schützt, dass die potentiellen Kritiker nicht recht wissen, was eigentlich gemeint war.
4. Wissenschaftlich sprechen heißt mitunter, in schwer verständlicher Weise am Thema vorbeizureden.
5. Die Zuhörer freuen sich immer, wenn ihnen etwas mitgeteilt wird, was sie bereits wissen. Jeder Mensch hält den, der das sagt, was er selber denkt, für intelligent.
6. Die Medien freuen sich, wenn sie etwas Neues berichten können, wobei als Neuigkeit auch gilt, wenn ein neuer Mann etwas schon längst Bekanntes sagt.
7. Am schwierigsten bei einer Rede ist der Schluss. Manche versprechen immer wieder, dass sie zum Schluss kommen, halten ihr Versprechen aber nicht. Dies ist nur bis zur dritten Wiederholung reizvoll. Die einfachste Form des Schlusses besteht darin, einfach aufzuhören.
Quelle: Pst. Priebe / Zitate: Manfred Rommel, ehem. Stuttgarter Bürgermeister