Begegnung mit den Verfolgten: Aufhören sich zu beklagen

KreuzIch brauche die Begegnung mit den Verfolgten, weil …. sie mich anspornen, das Vorrecht einer Anbetung in der Gemeinschaft zu schätzen und sie halten mich davon ab mich über meine Gemeinde zu beklagen.

Es ist so einfach der Gemeinde überdrüssig zu sein. Jahrelang gab mir die Gemeinde sehr wenig. Die Predigten waren langweilig. Die Musik war beschämend. Gemeinschaft gab es nicht. Die Erfahrung mit anderen zusammen Gott anzubeten fühlte sich kalt und bedeutungslos an. Und das war es auch. Ich übertreibe nicht aufgrund von Bitterkeit. Aber in meinem Land war zur Gemeinde zu gehen wie ein Test in Ausdauer.

Bis ich die verfolgte Kirche besuchte.

Wir waren 50 Leute, die sich in einem Raum im ersten Stock zusammendrängten. Das Singen geschah im Flüsterton. Die Nachbarn waren der Versammlung gegenüber feindlich eingestellt. Dann stand ein Prediger auf – ein alter Mann, mit einem drahtigen Gesicht und einigen Haarbüscheln, die vom Muttermal in seinem Kinn hervorprangten.

Er hatte noch nicht einmal einen Satz gesagt, als er in Tränen ausbrach. Er sagte immer wieder, „Ich hätte niemals gedacht, dass ich das Vorrecht haben werde, nochmals zu predigen.“ Er lachte, dann weinte er wieder – unter großem Heulen und Schluchzen. Bald weinte jeder mit ihm. Alle außer mir. Das ging so für ungefähr eine halbe Stunde und ich merkte, wie ich dessen überdrüssig wurde. Er sagte etwas und mein Übersetzer sagte: „Es ist der gleiche Satz, es ist der gleiche Satz.“ Alles was der Mann tat, war, er wiederholte den gleichen Bibelvers, brach in Tränen aus, lachte, und dann nannte er den gleichen Vers nochmals. Ich dachte bei mir selbst, „Was ist das für ein hoffnungsloser Gottesdienst?“ Aber danach traf ich den alten Mann persönlich und als ich seine Geschichte hörte, tat ich Buße über meine Haltung.

Er war ein Prediger, der in den späten 50-gern in China ordiniert wurde. Er leitete die Gemeinde nur 6 Monate, als sie geschlossen wurde. Er kam ins Gefängnis und verbrachte 20 Jahre dort. Nach seiner Freilassung, war er lange Zeit sehr krank. Aber dann, endlich, im Alter von 77 Jahren hatte er die Kraft nochmals zu predigen. Ich war Zeuge seiner ersten Predigt seit 31 Jahren. Kein Wunder, dass er nahezu zusammenbrach. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wohl sein würde, 31 Jahre das Wort Gottes zu haben und nicht zu wissen, ob man jemals wieder predigen würde. Was predigst du nach einer Zeit des Schweigens von 31 Jahren. Kein Wunder, dass er so überwältigt war.

Er sagte: “Nicht im Traum dachte ich daran, dass ich jemals wieder das Vorrecht haben würde das Wort Gottes zu einer versammelten Gruppe von Christen, die ihre Bibeln vor sich haben, zu sprechen. Während der langen Jahre im Gefängnis dachte ich, dass diese Erfahrung nicht mehr wiederkehren würde. Und als sie kam, war, wie ihr seht, alles was ich tun konnte, den Vers auszurufen, der mich die ganze Zeit am Leben gehalten hatte: „Singt sein Lob in der Versammlung der Heiligen,“ (Ps. 149,1b).

Ich kehrte mit einer veränderten inneren Einstellung nach Hause zu meiner Gemeinde zurück. Ich fing an, mit meiner Bibel zur Gemeinde zu gehen, und Gott für die Freiheit zu danken. Ich ging morgens früh zur Gemeinde und lief betend den Gang entlang und dankte Gott für unser Kirchengebäude und die Freiheit den Gottesdienst zu halten. Als der Prediger sprach, dankte ich Gott, dass er keine Angst haben muss. Wenn die Bibel gelesen wurde, dankte ich Gott für die Männer, die in der Vergangenheit Risiken auf sich zu nahmen, das Wort in meiner Sprache zu drucken und zu verteilen. Als wir einen Choral sangen, sang ich laut mit und dankte Gott, dass ich ihn nicht im Flüsterton anbeten muss.

Wahrhaftig, was für ein Privileg ist der gemeinsame Lobpreis. Ich hörte auf mich darüber zu beklagen wie ärmlich er manchmal klang, und ich freute mich über das einfache Privileg, dass wir uns ohne Angst versammeln können. Die verfolgte Kirche befreite mich von Bitterkeit und lehrte mich, meine Segnungen zu schätzen, speziell diejenigen, die ich für selbstverständlich gehalten hatte.

Quelle: Open Doors