„Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern namens Nikodemus, ein Oberster der Juden. Der kam bei Nacht zu Jesus und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, der von Gott gekommen ist; denn niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, es sei denn, dass Gott mit ihm ist. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen!
Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Er kann doch nicht zum zweiten Mal in den Schoß seiner Mutter eingehen und geboren werden? Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen!“
„Es war aber dort Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus müde war von der Reise, setzte er sich so an den Brunnen; es war um die sechste Stunde. Da kommt eine Frau aus Samaria, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Gib mir zu trinken! Denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Speise zu kaufen. Nun spricht die samaritische Frau zu ihm: Wie erbittest du als ein Jude von mir etwas zu trinken, da ich doch eine samaritische Frau bin? (Denn die Juden haben keinen Umgang mit den Samaritern.)
Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wenn du die Gabe Gottes erkennen würdest und wer der ist, der zu dir spricht: Gib mir zu trinken!, so würdest du ihn bitten, und er gäbe dir lebendiges Wasser. Die Frau spricht zu ihm: Herr, du hast ja keinen Eimer, und der Brunnen ist tief; woher hast du denn das lebendige Wasser? Bist du größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, samt seinen Söhnen und seinem Vieh?
Jesus antwortete und sprach zu ihr: Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle von Wasser werden, das bis ins ewige Leben quillt.“
„Als er aber zu reden aufgehört hatte, sprach er zu Simon: Fahre hinaus auf die Tiefe, und lasst eure Netze zu einem Fang hinunter! Und Simon antwortete und sprach zu ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht hindurch gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich das Netz auswerfen! Und als sie das getan hatten, fingen sie eine große Menge Fische; und ihr Netz begann zu reißen. Da winkten sie den Gefährten, die im anderen Schiff waren, dass sie kommen und ihnen helfen sollten; und sie kamen und füllten beide Schiffe, sodass sie zu sinken begannen. Als aber Simon Petrus das sah, fiel er zu den Knien Jesu nieder und sprach: Herr, gehe von mir hinweg, denn ich bin ein sündiger Mensch!“
„Und nach etlichen Tagen ging er wieder nach Kapernaum; und als man hörte, dass er im Haus sei, da versammelten sich sogleich viele, sodass kein Platz mehr war, auch nicht draußen bei der Tür; und er verkündigte ihnen das Wort. Und etliche kamen zu ihm und brachten einen Gelähmten, der von vier Leuten getragen wurde. Und da sie wegen der Menge nicht zu ihm herankommen konnten, deckten sie dort, wo er war, das Dach ab, und nachdem sie es aufgebrochen hatten, ließen sie die Liegematte herab, auf welcher der Gelähmte lag.
Als aber Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Sohn, deine Sünden sind dir vergeben! Es saßen aber dort etliche von den Schriftgelehrten, die dachten in ihren Herzen: Was redet dieser solche Lästerung? Wer kann Sünden vergeben als nur Gott allein? Und sogleich erkannte Jesus in seinem Geist, dass sie so bei sich dachten, und sprach zu ihnen: Warum denkt ihr dies in euren Herzen? Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind die Sünden vergeben!, oder zu sagen: Steh auf und nimm deine Liegematte und geh umher?
Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu vergeben – sprach er zu dem Gelähmten: Ich sage dir, steh auf und nimm deine Liegematte und geh heim! Und er stand sogleich auf, nahm seine Liegematte und ging vor aller Augen hinaus, sodass sie alle erstaunten, Gott priesen und sprachen:
„Glückselig sind die geistlich Armen, denn ihrer ist das Reich der Himmel!
Glückselig sind die Trauernden, denn sie sollen getröstet werden!
Glückselig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben!
Glückselig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie sollen satt werden!
Glückselig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!
Glückselig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!
Glückselig sind die Friedfertigen, denn sie werden Söhne Gottes heißen!
Glückselig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden,
denn ihrer ist das Reich der Himmel!
Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und lügnerisch jegliches böse Wort gegen euch reden um meinetwillen! Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß im Himmel; denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch gewesen sind.“
„Und wenn du betest, sollst du nicht sein wie die Heuchler; denn sie stellen sich gern in den Synagogen und an den Straßenecken auf und beten, um von den Leuten bemerkt zu werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon empfangen. Du aber, wenn du betest, geh in dein Kämmerlein und schließe deine Türe zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir öffentlich vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört um ihrer vielen Worte willen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen! Denn euer Vater weiß, was ihr benötigt, ehe ihr ihn bittet. Deshalb sollt ihr auf diese Weise beten:
Unser Vater, der du bist im Himmel!
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden.
Gib uns heute unser tägliches Brot.
Und vergib uns unsere Schulden,
wie auch wir vergeben unseren Schuldnern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern errette uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit!
Amen.
Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen ihre Verfehlungen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“
„Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind! An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Sammelt man auch Trauben von Dornen, oder Feigen von Disteln? So bringt jeder gute Baum gute Früchte, der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte bringen, und ein schlechter Baum kann keine guten Früchte bringen. Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Darum werdet ihr sie an ihren Früchten erkennen.
Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen!“
„Ein jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den will ich mit einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute. Als nun der Platzregen fiel und die Wasserströme kamen und die Winde stürmten und an dieses Haus stießen, fiel es nicht; denn es war auf den Felsen gegründet. Und jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht tut, wird einem törichten Mann gleich sein, der sein Haus auf den Sand baute. Als nun der Platzregen fiel und die Wasserströme kamen und die Winde stürmten und an dieses Haus stießen, da stürzte es ein, und sein Einsturz war gewaltig.“
„Und es begab sich am folgenden Tag, dass er in eine Stadt namens Nain ging, und mit ihm zogen viele seiner Jünger und eine große Volksmenge. Wie er sich aber dem Stadttor näherte, siehe, da wurde ein Toter herausgetragen, der einzige Sohn seiner Mutter, und sie war eine Witwe; und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie. Und als der Herr sie sah, erbarmte er sich über sie und sprach zu ihr: Weine nicht!
Und er trat hinzu und rührte den Sarg an; die Träger aber standen still. Und er sprach: Junger Mann, ich sage dir: Steh auf! Und der Tote setzte sich auf und fing an zu reden; und er gab ihn seiner Mutter. Da wurden sie alle von Furcht ergriffen und priesen Gott…“
„Hört zu! Siehe, der Sämann ging aus, um zu säen. Und es geschah, als er säte, dass etliches an den Weg fiel; und die Vögel des Himmels kamen und fraßen es auf. Anderes aber fiel auf den felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte; und es ging sogleich auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Als aber die Sonne aufging, wurde es verbrannt; und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. Und anderes fiel unter die Dornen; und die Dornen wuchsen auf und erstickten es, und es brachte keine Frucht. Und anderes fiel auf das gute Erdreich und brachte Frucht, die aufwuchs und zunahm; und etliches trug dreißigfältig, etliches sechzigfältig und etliches hundertfältig. Und er sprach zu ihnen: Wer Ohren hat zu hören, der höre!“
„Und wiederum fing er an, am See zu lehren. Und es versammelte sich eine große Volksmenge bei ihm, sodass er in das Schiff stieg und sich auf dem See darin niedersetzte; und das ganze Volk war am See auf dem Land. Und er lehrte sie vieles in Gleichnissen…“
„Und an jenem Tag, als es Abend geworden war, sprach er zu ihnen: Lasst uns hinüberfahren an das jenseitige Ufer! Und nachdem sie die Volksmenge entlassen hatten, nahmen sie ihn mit, wie er da in dem Schiff war; es waren aber auch andere kleine Schiffe bei ihm. Und es erhob sich ein großer Sturm, und die Wellen schlugen in das Schiff, sodass es sich schon zu füllen begann. Und er war hinten auf dem Schiff und schlief auf einem Kissen. Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir umkommen?
Und er stand auf, befahl dem Wind und sprach zum See: Schweig, werde still! Da legte sich der Wind, und es entstand eine große Stille. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam? Wie, habt ihr keinen Glauben? Und sie gerieten in große Furcht und sprachen zueinander: Wer ist denn dieser, dass auch der Wind und der See ihm gehorsam sind?“
„Und als Jesus im Schiff wieder ans jenseitige Ufer hinübergefahren war, versammelte sich eine große Volksmenge bei ihm; und er war am See. Und siehe, da kam einer der Obersten der Synagoge, namens Jairus; und als er ihn erblickte, warf er sich ihm zu Füßen, und er bat ihn sehr und sprach: Mein Töchterlein liegt in den letzten Zügen; komme doch und lege ihr die Hände auf, damit sie gesund wird und am Leben bleibt! Und er ging mit ihm; und es folgte ihm eine große Menge nach, und sie bedrängten ihn. …
Während er noch redete, kamen etliche von den Leuten des Obersten der Synagoge und sprachen: Deine Tochter ist gestorben, was bemühst du den Meister noch? Sobald aber Jesus das Wort hörte, das sie redeten, sprach er zum Obersten der Synagoge: Fürchte dich nicht, glaube nur! Und er ließ niemand mitgehen als Petrus und Jakobus und Johannes, den Bruder des Jakobus. Und er kommt in das Haus des Obersten der Synagoge und sieht das Getümmel, wie sehr sie weinten und heulten. Und er geht hinein und spricht zu ihnen: Was lärmt ihr so und weint? Das Kind ist nicht gestorben, sondern es schläft! Und sie lachten ihn aus.
Nachdem er aber alle hinausgetrieben hatte, nahm er den Vater und die Mutter des Kindes mit sich und die, welche bei ihm waren, und ging hinein, wo das Kind lag. Und er ergriff die Hand des Kindes und sprach zu ihm: Talita kumi!, das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf! Und sogleich stand das Mädchen auf und ging umher; es war nämlich zwölf Jahre alt. Und sie gerieten außer sich vor Staunen.“
„Und als Jesus das hörte, zog er sich von dort in einem Schiff abseits an einen einsamen Ort zurück. Und als die Volksmenge es vernahm, folgte sie ihm aus den Städten zu Fuß nach. Als nun Jesus ausstieg, sah er eine große Menge; und er erbarmte sich über sie und heilte ihre Kranken. Und als es Abend geworden war, traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Der Ort ist einsam, und die Stunde ist schon vorgeschritten; entlasse das Volk, damit sie in die Dörfer gehen und sich Speise kaufen!
Jesus aber sprach zu ihnen: Sie haben es nicht nötig, wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sprachen zu ihm: Wir haben nichts hier als fünf Brote und zwei Fische. Da sprach er: Bringt sie mir hierher! Und er befahl der Volksmenge, sich in das Gras zu lagern, und nahm die fünf Brote und die zwei Fische, sah zum Himmel auf, dankte, brach die Brote und gab sie den Jüngern; die Jünger aber gaben sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt; und sie hoben auf, was an Brocken übrig blieb, zwölf Körbe voll. Die aber gegessen hatten, waren etwa 5.000 Männer, ohne Frauen und Kinder.“
„Das Schiff aber war schon mitten auf dem See und litt Not von den Wellen; denn der Wind stand ihnen entgegen. Aber um die vierte Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See. Und als ihn die Jünger auf dem See gehen sahen, erschraken sie und sprachen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. Jesus aber redete sogleich mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht!“