Was die Pharisäer zur Zeit Jesu kennzeichnete, war ihre Sattheit. »Wir haben es, wir sind die Träger der Kirche, der Frömmigkeit, auf uns kann man sich verlassen.« Und das Merkwürdige war: Diese Leute waren wirklich großenteils »fromm«. Sie nahmen es sehr genau, sie waren sehr moralisch, sie ereiferten sich wirklich für Gott.
Um so auffallender ist es, wie leidenschaftlich Jesus sie bekämpft, wie hart er, der Sanftmütige, sie schilt. Weshalb? Er kann allen helfen, nur gerade ihnen nicht. Warum nicht? Weil sie »satt« sind, sie brauchen keinen Erlöser. Sie tun so, als seien sie schon erlöst oder als erlösten sie sich selbst. Er steht ihnen gegenüber wie der Arzt den Gesunden oder denen, die sich einbilden, es zu sein. Pharisäer – das ist beachtlich – wissen nicht, dass sie es sind. Sobald sie es erkannt haben, sind sie es nicht mehr.
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Geh heim, mäh den Rasen, putz die Fenster, lern Kochen, bau ein Regal, such dir einen Job, besuch Kranke, mach deine Schulaufgaben – und wenn du damit fertig bist, dann lies ein Buch. Deine Stadt schuldet dir keinen Freizeitpark und deine Eltern schulden dir keinen Spaß. Nicht die Welt schuldet dir das Leben, sondern du schuldest der Welt etwas. Du schuldest ihr Zeit, Energie und Talent, damit dadurch keiner mehr in den Krieg ziehen, keiner mehr allein, keiner mehr krank sein muss. Mit anderen Worten: werd erwachsen, hör auf wie ein nörgelndes Baby zu sein und zeig endlich Rückgrat, nicht Wunschdenken! Beginn endlich eine verantwortungsvolle Person zu sein. Du bist wichtig und du wirst gebraucht! Es ist zu spät um herumzusitzen und auf jemanden zu warten der irgendwas tun soll. Irgendwann ist nämlich jetzt und irgendjemand bist du!
– Jugendrichter auf die resignierende Frage von Teenagern: „Was können wir schon tun?“
Wir können unser Herz selbst überempfindlich machen. Wir können es hätscheln und verwöhnen; und je mehr wir das tun, desto lieber mag es das Herz und desto stärker bemitleiden wir uns selbst. Wir können uns so in etwas hineinsteigern, dass schon der geringste Anlass genügt, um riesige Probleme aufzuwerfen. Wenn wir in einem Dynamitfass ein Streichholz – nur eines – anzünden, dann gibt es eine fürchterliche Explosion. Aber das liegt nicht in erster Linie an dem Streichholz, sondern an dem Fass Dynamit.
Das erkannte der Psalmist (Psalm 73). Er hatte sich in seiner Meinung über die Gottlosen vollkommen geirrt. Er hatte gedacht, sie allein seien die Ursache seiner Probleme. Nun entdeckte er, dass das nicht stimmte. Er selbst hatte sein Herz in diesen törichten Zustand hineingesteigert; er war überempfindlich geworden. Und wenn man in solch einer Verfassung ist, dann genügt schon der kleinste Anlass, um eine Explosion auszulösen. Wir alle wissen, wovon ich rede. Aber erkennen wir auch, wo wir selbst genauso reagieren? Wenn wir mit uns selbst reden, empfinden wir dann auch jedes Mal Mitleid? Wenn ja, dann begehen wir den gleichen Fehler wie der Psalmist. Wir vergrößern die krankhafte Überempfindlichkeit nur noch und können dann mit Sicherheit auf schmerzhafte Erfahrungen gefasst sein.
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